Zehn Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals haben sich die katholischen deutschen Bischöfe auf ein einheitliches Verfahren zur Anerkennung des Leides von Missbrauchsopfern in der Kirche verständigt. Es soll am 1. Januar starten, wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag in Fulda mitteilte.
Die Leistungshöhe soll sich zukünftig an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern orientieren. Daraus ergibt sich laut Bätzing ein Leistungsrahmen von bis zu 50.000 Euro. Zusätzlich können Betroffene, wie auch jetzt schon, Kosten für Therapie- oder Paarberatung erstattet bekommen.
Der Limburger Bischof betonte, ein unabhängiges Entscheidungsgremium werde die Höhe der Zahlung individuell festlegen. Ihm sollen sieben Frauen und Männer aus den Bereichen Medizin, Recht, Psychologie und Pädagogik angehören. Die Mitglieder dürfen in keinem Anstellungsverhältnis zu einer kirchlichen Einrichtung stehen.
Bätzing erläuterte weiter, das Entscheidungsgremium werde auch die Auszahlung der Summen anweisen, um das Verfahren zu beschleunigen. Die Mitglieder des Gremiums werden durch einen Ausschuss ausgewählt, dem mehrheitlich nichtkirchliche Vertreter angehören. Eine Beteiligung der Betroffenen werde gewährleistet, so der Limburger Bischof. Er betonte zugleich, damit solle für alle 27 Diözesen ein einheitlicher Leistungsrahmen gewährleistet werden.
Bislang erhalten Opfer durchschnittlich eine Zahlung von 5.000 Euro, in Härtefällen auch mehr. Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe hatte zwischenzeitlich Summen bis zu 400.000 Euro vorgeschlagen.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Stephan Ackermann, schloss Rücktritte von Bischöfen in einem Interview mit katholisch.de nicht aus. Dies könne etwa der Fall sein, wenn man zu der Erkenntnis komme: "Da sind Menschen ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden und deswegen wurde anderen Menschen Schaden zugefügt. Oder wenn auch in der kirchlichen Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, da genießt jemand nicht mehr das Vertrauen, um die Verantwortung zu tragen, in der er gerade steht." Die Deutsche Ordensoberenkonferenz (DOK) begrüßte, dass es eine finanzielle solidarische Komponente zugunsten der Orden geben solle.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, kritisierte unterdessen, dass die Deckelung auf 50.000 Euro zu kurz gegriffen sei. In Fällen schweren sexuellen Missbrauchs werde das nicht ausreichen. Wie Rörig begrüßte der religionspolitische Sprecher der FDP, Benjamin Strasser, die Einigung grundsätzlich. Leider verspiele die Bischofskonferenz allerdings wieder Zeit, da Ansprüche erst ab dem kommenden Jahr angemeldet und geprüft werden können, so Strasser. Der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, kritisierte in Fulda, dass Opfer-Vertreter in die neuen Überlegungen nicht einbezogen worden seien. Die Anwendung der zivilrechtlichen Schmerzensgeldtabelle bezeichnete er als nicht angemessen. (Familienbund der Katholiken/KNA)